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Nietzsche: Die Glückseligkeit als wertlose Illusion?
Folgt man Nietzsches Theorie des Willens zur Macht‘, gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Glückseligkeit und Glück.
- Unter Glück versteht er die positive Fähigkeit, sich über den Durchschnitt zu erheben und Widrigkeiten auf dem Weg zur Selbstbestimmung und zur Freiheit zu überwinden.
- Dem steht das Anstreben der Glückseligkeit im Weg. Diese ist in Nietzsches Augen jedoch nicht so erstrebenswert wie das Glück, weil sie eine fiktive Sorglosigkeit vortäusche, die nicht auf die Dauer existiere. Außerdem sei die Glückseligkeit nicht das wahre Ziel des menschlichen Tuns. Vielmehr ginge es darum, Macht über andere zu haben und Freude dabei zu empfinden, dem anderen bewusst überlegen zu sein.
Der Weg zum tatsächlichen Glück müsse dabei aber für jede Person einzigartig gestaltbar sein. Immerhin hätten die Menschen kein allgemein anerkanntes Ziel, weshalb einheitlicher Handlungsvorschlag, um dies zu erreichen, nicht realistisch sei.
Kurz gesagt: Nietzsche hält fest, dass jeder ein Ziel brauche, um sein eigenes Glück zu erreichen und dass viele Vorschriften der Allgemeinheit den Menschen dabei eigentlich nur im Weg ständen. Klar sei aber auch: Wer nur mittelmäßig denke und keinen Einsatz für sein Glück erbringen wolle, schaffe bestenfalls Glückseligkeit …
Frankl: Willen zum Sinn statt zur Macht
Einen deutlich von Nietzsche abweichenden Ansatz stellt der Psychiater und Neurologe Frankl, der Begründer der 3. Wiener Schule der Psychotherapie auf: In seinen Augen sei das wesentliche Ziel des Menschen nämlich nicht, glücklich zu sein. Stattdessen gehe es darum, den Grund dafür zu finden, da in diesem die Wurzel des Glücks läge. Es sei für dessen Erreichen also weniger relevant, fest auf das Glück hinzuarbeiten denn dem Leben und dem eigenen Tun einen dauerhaften Sinn zu verleihen.
Gleichzeitig betont Frankl im Zusammenhang mit der von ihm entwickelten Logotherapie, dass die Gestaltung der Gegenwart von hoher Bedeutung sei. Immerhin sei sie der Moment, auf den man am besten einwirken und auf den man die größte Gestaltungsmacht habe. Eine Ansicht, die unter anderem daraus resultierte, dass Frankl die Zwangsaufenthalte in vier verschiedenen Konzentrationslagern überlebt hatte. Bemerkenswerterweise auch dadurch, dass er Nietzsches These “Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie” selbst umsetzen und seine eigenen Erfahrungen in seine Arbeit einbringen konnte.
Dabei hält Frankl fest, dass die Glückssuche in hohem Maße frustrieren könne, sofern man sie als den wichtigsten Lebenszweck definiere. Viel wichtiger als das „Was?“ sei demnach das „Warum?“. Es sei also wesentlich, dieses zu erkennen und die Chancen, die sich einem böten zu nutzen. Ein wesentlicher Aspekt sei dabei, an seiner eigenen Einstellung zu arbeiten und möglichst viele positive Erfahrungen mit der Liebe, dem Glauben und positiven Werten zu machen. Denn nur, wer viel ‚erfahre‘, könne seine innere Reise erfolgreich absolvieren und den Sinn in seinem Leben finden, ihm damit Einzigartigkeit verleihen. Vorteil dabei: Wer einen Sinn fände, werde dadurch automatisch glücklicher.
Was ist wichtig für die Selbstsuche?
Um es mit Frankls eigenen Worten zu sagen: “Selbstbewertung ist der Startpunkt der Sinnsuche.”
Damit diese gelinge, müsse sich der Mensch zunächst einmal frei fühlen, so zu werden wie und was er wirklich sein wolle. Dabei sei zu beachten, dass körperliche Grenzen mithilfe der richtigen Einstellung häufig überwunden werden könnten. Um dies zu erreichen, gibt Frankl einige Tipps, die auch in der heutigen Zeit nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben:
- Hoffnungsvoll und optimistisch an die Bewältigung einer Situation herangehen.
- Sich selbst und seine eigene Einstellung zu einer Herausforderung überdenken, wenn die Situation an sich nicht variierbar ist.
- Wissen, warum man etwas macht – oder es lernen.
- Tränen zulassen und diese nicht als negatives Zeichen von Schwäche, sondern positiv als Mut zum Leiden begreifen.
- Gefühlvoll sein.
- Freundlich zu sich selbst und anderen zu sein.
- Nicht nur an sich selbst denken, sondern sich im Tun einer Sache oder im Tun für eine andere Person aufgehen.
- Einzigartig und individuell sein, da die Masse eben doch nicht immer Recht hat.
- Mitgefühl mit anderen zu haben und
- Und, ganz wesentlich: Selbst unter erschwerten Umständen an sich selbst und seine Wandelfähigkeit glauben.
Das Buch vom Viktor Frankl ist empfehlenswert: Trotzdem Ja zum Leben sagen.
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